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Yoga(unterricht) ist immer auch etwas lebendes, sich entwickelndes. Das gilt ganz besonders auch für die übergeordneten Themen, die in meinen Kursen vorkommen. Ich versuche gerade die Themen, die auf der Metaebene liegen, zu verschriftlichen um sie auch noch mal „zum Nachlesen“ zur Verfügung stellen zu können. Ob es gelingt wirklich jede Woche die Kursthemen auch zur Verfügung zu stellen, kann ich noch nicht sagen. Aber ich finde, ein Versuch ist es wert.

 

Diese Woche ist es „die Liebe„. Und dabei ist nicht die erotische Liebe gemeint, sondern das aktive, dem Menschen oder auch den Dingen zugewandte, aktive und uneigennützige Gefühls- und Tathandeln. Es geht also um ein Gefühl des sich von ganzem Herzen den Dingen und Wesen zuwenden.

Vor einiger Zeit bin ich auf yogamehome.org auf folgenden Text gestoßen der in meine Inspirationssammlung gekommen ist.

Pflicht ohne Liebe macht verdrießlich.
Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos.
Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart.
Wahrheit ohne Liebe macht kritiksüchtig.
Erziehung ohne Liebe macht widerspruchsvoll.
Klugheit ohne Liebe macht gerissen.
Freundlichkeit ohne Liebe macht heuchlerisch.
Ordnung ohne Liebe macht kleinlich.
Sachkenntnis ohne Liebe macht rechthaberisch.
Macht ohne Liebe macht gewalttätig.
Ehre ohne Liebe macht hochmütig.
Besitz ohne Liebe macht geizig.
(von mir zugef.:) Glaube ohne Liebe macht fanatisch.

Quelle: unbekannt, so steht es auf yogamehome.org. Wenn man den Text im Netz recherchiert, dann finden sich viele mögliche Quellen. Der Text ist – was die Kernaussage angeht – so eine Art spirituelles Gemeingut. Auch die Bibel hält die Liebe spätestens im Hohnen Lied der Liebe (1. Kor 13) für extrem wichitg. Was ich an der biblischen Liebe so mag, ist der Aspekt, dass alles Handeln und Tun daran gemessen wird, ob es mit Liebe geschieht.

In den Yogastunden über die Liebe habe ich den Text in die Anfangsmeditation eingebaut. Mit der Idee ein Gefühl für die vielen Aspekte von Liebe zu bekommen und was es alles an Regungen gibt, die sich gegen uns wenden, wenn die Liebe fehlt.

Gibt es in der asana-Praxis Übungen, die diesen Aspekt besonders bearbeiten?

Ja und nein. Ähnlich wie beim Vertrauen bieten sich die vielen Übungen aus dem Bereich des Öffnens des Brustraumes und Rückbeugen an. Aber hier komme ich an Grenzen des körperlichen Übens. Es geht sehr viel mehr um die Haltung, mit der ich praktiziere. Das fordert nicht so sehr meine körperlichen Fähigkeiten, sondern meine Aufmerksamkeit und die innere Einstellung, mit der ich in eine Haltung gehe.

Und da finde ich es hilfreich, wenn man sich darum bemüht besonders dann, wenn ein asana statisch wird, sich zu sammeln und zu schauen, ob und welcher Haltung ich mich gerade befinde. Gegenüber meinem Körper, seiner jetzigen Haltung und Form und wie meine Haltung zum Außen ist. In dieser Innenschau kann ich meine Hinwendung diesen liebenden Aspekt geben. Das ist die Übung: In der körperlichen Haltung  die liebende Grundhaltung immer wieder zu versuchen. Das hilft in zwei Dingen. Die Fähigleit zur inneren Aufmerksamkeit wird gestärkt und die eigene Liebesfähigkeit geschult.

Unser Meditationstext spricht Gefühle und Eigenschaften an die beim Fehlen von Liebe ihre innenliegenden negativen Momente überwiegen lassen. Das sind duchaus starke Bilder. Macht! ohne! Liebe! macht! gewalttätig!.
Es entspricht so gar nicht meinem Naturell mit solchen Negationen zu arbeiten. Deshalb verändert sich der Text am Ende der Yogastunde. Denn wenn ich mir vorstelle, ich würde in einer Yogastunde mir immer wieder solche Sätze schon fast als Affirmationen in die Praxis holen, wird mir unwohl dabei.

In oder nach der Schlussentspannung taucht der Text noch mal als Meditation auf, aber in geänderter Form:

Mit Liebe erfüllte Pflicht macht glücklich.
Mit Liebe getragene Verantwortung macht rücksichtsvoll
Mit Liebe geübte Gerechtigkeit macht sanftmütig
Mit Liebe vertretene Wahrheit macht wohlwollend.
Mit Liebe durchgeführte Erziehung macht harmonisch.
Mit Liebe angewandte Klugheit macht arglos.
Mit Liebe geäußerte Freundlichkeit macht wahrhaftig.
Mit Liebe angewandte Sachkenntnis macht nachgiebig.
Mit Liebe ausgeübte Macht macht gewaltlos.
Mit Liebe getragene Ehre macht demütig.
Mit Liebe verwalteter Besitz macht freigiebig.
Mit Liebe gelebter Glaube macht tolerant.
Wohl denen, die alles mit Liebe tun.
(J. Hassani)

Dieser Text lässt die Dinge, die mit Liebe verbunden werden, einen anderen Sinn bekommen. Wenn es dir in der körperlichen Praxis gelungen ist wenigsten hin und wieder die liebende Grundhaltung zu erfahren, dann könnte es sein, dass du diesen Text jetzt noch einmal sehr viel intensiver, verstehender hören und kontemplieren kannst. Oder du entdeckst gerade jetzt, am Ende einer Yogastunde, das Liebe möglich ist.

Nimm so viel davon mit, quasi von der Matte in die Welt, wie dir möglich ist und denke daran, dass Yoga nicht nur die Bewegung auf der Matte ist, sondern eine Art zu leben.

 

(Dieser Text wurde zuerst am 07.10.15 auf dieser Seite veröffentlich und erscheint hier mit kleinen Änderungen)